Sitzungsvorlage - V/2014/245
Grunddaten
- Betreff:
-
Änderung der Geschäftsordnung - Niederschrift und Transparente Ratssitzungen - Erstellung einer Online Mediathek hier: Anträge der Piratenfraktion im Rat der Stadt Herzogenrath vom 05.06.2014
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Sitzungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich 5 Personal und Organisation
- Beteiligt:
- Fachbereich 5.1 Organisation
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Rat der Stadt Herzogenrath
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Entscheidung
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16.09.2014
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Beschlussvorschlag
Der Stadtrat nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Aufgrund der rechtlichen Bedenken sowie des nicht einheitlichen Zustimmens der Stadtverordneten zur Aufnahme von Stadtrats- und Ausschusssitzungen auf Tonträgern und deren Veröffentlichung im Internet beschließt der Stadtrat, auf die Verlängerung der Aufbewahrungsfrist von Tonträgern sowie auf die Aufzeichnung von Rats- und Ausschusssitzungen in Form von Audiostreams zwecks Veröffentlichung auf der städtischen Homepage zu verzichten.
Sachverhalt
Sachverhalt:
Die Piratenfraktion im Rat der Stadt Herzogenrath hat beantragt, dass in der Stadtratssitzung vom 17.06.2014 über die Anträge
1. „Änderung der Geschäftsordnung – Niederschrift“ und
2. „Transparente Ratssitzungen – Erstellung einer Online Mediathek“
beraten wird.
In diesem Zusammenhang wird auf die Vorlagen V/2014/215 und V/2014/216 verwiesen.
In der Sitzung vom 17.06.2014 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung mit der Prüfung dieser Anträge. Zudem sollte eine Vorlage mit Beschlussvorschlag dem Stadtrat in der nächsten Sitzung vorgelegt werden.
A. Rechtliche Betrachtung:
Im Hinblick auf die rechtliche Würdigung der Thematik kommt dem Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen (NWStGB) eine besondere Stellung zu.
Der Städte- und Gemeindebund bezieht sich überwiegend auf eine rechtliche Einschätzung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2011, deren Inhalte nach wie vor einschlägig sind.
In seiner Stellungnahme beschreibt der Landesbeauftragte für Datenschutz ein weites Spektrum von Rechtsvorschriften, die durch die in Rede stehende Thematik berührt werden:
- Kommunalverfassungsrecht
- Datenschutzrecht
- Urheberrecht
- Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen des Verwaltungshandelns.
1. Kommunalverfassungsrecht
Nach § 24 Abs. 6 der Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Herzogenrath sind Tonaufnahmen nach 3 Monaten, den Tag der Sitzung eingerechnet, zu vernichten. Im Falle des Absatzes 4 erfolgt die Vernichtung 3 Monate nachdem über die Einwände durch den Rat entschieden wurde.
Weiterhin ergibt sich aus § 6 „Öffentlichkeit der Ratssitzungen“, dass jedermann das Recht hat, als Zuhörer an öffentlichen Ratssitzungen teilzunehmen.
Ausgangspunkt für die Prüfung ist das in § 48 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geregelte Prinzip der Öffentlichkeit von Ratssitzungen. Der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit ergänzt das in Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerte Demokratieprinzip.
Das Prinzip der Öffentlichkeit ist bereits dann gegeben, wenn ein ausreichend großer Sitzungsraum zumutbar erreichbar ist, zudem jedermann freien Zugang hat.
Aus § 48 Abs. 2 GO NRW können keine Eingriffe in das informelle Selbstbestimmungsrecht abgeleitet werden. Dies gilt für die anwesenden Stadtverordneten, für teilnehmende Personen der Verwaltung und für interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Weitere Regelungen ergeben sich aus der Gemeindeordnung nicht. Insbesondere enthält die Gemeindeordnung keine Regelungen zu der Frage, ob in öffentlicher Sitzung Tonaufzeichnungen getätigt und diese veröffentlicht werden dürfen.
Im Hinblick auf den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt § 48 Abs. 3 GO NRW, dass personenbezogene Daten offenbart werden dürfen, wenn nicht schützenswerte Interessen Einzelner oder Belange des öffentlichen Wohls überwiegen. Hier wäre erforderlichenfalls die Öffentlichkeit auszuschließen.
2. Datenschutz
Wie bereits ausgeführt, können in Ratssitzungen u.a. personenbezogene Daten veröffentlicht werden. Die Aufnahme auf Tonträgern und Veröffentlichung würde eine Übermittlung gem. § 16 Abs. 1 Datenschutzgesetz NRW darstellen. Dies bedeutet, dass eine Veröffentlichung nur unter der Voraussetzung zulässig ist, wenn die Betroffenen zugestimmt haben bzw. die Veröffentlichung gestattet haben (§ 13 Abs. 2 Buchstabe b DSG NRW). In diesem Zusammenhang ist auf § 4 DSG NRW zu verweisen.
Dies wird bei der Erstellung von Sitzungsdokumenten und deren Veröffentlichung im Ratsinformationssystem entsprechend berücksichtigt. Dabei wird bei der Veröffentlichung von Niederschriften der öffentlichen Sitzung diese so gestaltet, dass personenbezogene Angaben nur dann in den Niederschriften aufgenommen werden, wenn dies im Einzelfall zur Dokumentation erforderlich ist.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mehrere Landesdatenschutzbeauftrage fordern, dass u.a. durch organisatorische Maßnahmen die Verbreitung von personenbezogenen Daten über das Internet nicht umfangreicher erfolgt, als es zur Herstellung einer weitergehenden Sitzungsöffentlichkeit notwendig ist.
Hierzu gehört insbesondere die ausdrückliche vorherige Information aller Sitzungsteilnehmer und Besucher über die Art und Umfang der Aufzeichnung, die Abrufbarkeit im Internet sowie die Löschfrist der Aufnahmen.
Der Städte- und Gemeindebund teilte in einem Telefonat vom 16.06.2014 ausdrücklich mit, dass Tonbandaufzeichnungen von Sitzungen dazu dienen, Niederschriften fertigen zu können. Grundsätzlich sollten die Aufzeichnungen nach der Annahme der Niederschrift vernichtet werden. Gesetzliche Aufbewahrungsfristen gebe es nicht. Um Sitzungen aufzeichnen zu dürfen, muss von jedem Mitglied des Rates/Ausschusses eine Einverständniserklärung abgegeben werden.
Sollte eine Einstellung der Aufnahmen in das Internet erfolgen, so müsse zusätzlich noch eine Einverständniserklärung abgegeben werden.
3. Urheberrecht
Gem. § 48 Abs. 1 Nr. 2 Urheberrechtsgesetz ist grundsätzlich die öffentliche Wiedergabe von Reden, die bei kommunalen Organen gehalten wurden, zulässig. Unzulässig ist aber nach Abs. 2 dieser Norm die Sammlung solcher Reden desselben Urhebers. Diese Einschränkung verdeutlicht, dass eine Speicherung der übertragenen Daten über einen längeren Zeitraum nicht möglich sein dürfte.
4. Verhältnismäßigkeit
Im Hinblick auf die Art und Weise der Aufnahmen von Ratssitzungen auf Tonträgern ist nach Meinung des Landesbeauftragten für den Datenschutz ebenfalls das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen. Insofern darf die Aufnahme einer Sitzung nur in der Form erfolgen, wie es zur Informationsübermittlung erforderlich ist.
In diesem Zusammenhang könnten beispielsweise Zwischenrufe oder Kommentare zu den jeweiligen Redebeiträgen nicht dazu zählen.
B. Zusammenfassung
Wie bereits ausgeführt, sind im Hinblick auf die Aufnahme von öffentlichen Sitzungen auf Tonträgern unterschiedliche Rechtsgebiete einschlägig. Zudem machen die vorstehenden Ausführungen deutlich, dass in den einschlägigen Rechtsbereichen konkrete gesetzliche Regelungen fehlen.
Nach Auffassung der Verwaltung wäre folgende Vorgehensweise für eine rechtssichere Abwicklung der Thematik als Mindeststandard notwendig:
1. Die Geschäftsordnung des Rates ist um den Passus zu erweitern, dass die öffentlichen Ratssitzungen auf Tonträgern aufgenommen werden und im Internet veröffentlicht werden.
2. Die Stadtverordneten müssen jeweils persönlich der Aufnahme und deren Veröffentlichung zustimmen. Nach Auffassung der Verwaltung ist dies auch für einen festzulegenden Zeitraum (z.B. für ein Kalenderjahr) möglich. Es muss aber die Möglichkeit bestehen, jederzeit die Einwilligung zu widerrufen.
3. Im Zugangsbereich zum Ratssaal sind die Besucher darauf hinzuweisen, dass die Ratssitzungen auf Tonträgern aufgenommen und im Internet veröffentlicht werden. Hierbei muss aber in der Einwohnerfragestunde ausdrücklich vom Anfragesteller mitgeteilt werden, ob er seine Zustimmung zur Aufnahme und Veröffentlichung seines Wortbeitrages erteilt oder nicht.
C. Ergebnis
Als Ergebnis ist aber festzustellen, dass sowohl der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen als auch der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen feststellen, dass die Aufnahme auf Tonträgern und deren Veröffentlichung im Internet dann rechtlich nicht zu beanstanden sind, wenn die Betroffenen gem. § 4 Abs. 1a Datenschutzgesetz NRW einer Aufnahme und deren Veröffentlichung zugestimmt haben.
In einem Anschreiben, dass allen Stadtverordneten in der konstituierenden Sitzung am 17.06.2014 ausgehändigt wurde, wurde in der Anlage 6 nach dem Einverständnis zur Tonbandaufzeichnungen und Live-Stream Aufzeichnungen gefragt. Dabei wurde u.a explizit gefragt, ob man mit der Veröffentlichung der Tonbandaufzeichnung der Sitzung im Internet einverstanden sei.
Eine Auswertung der Anlage 6 hat ergeben, dass insgesamt 13 Stadtverordnete mit der Veröffentlichung von Tonbandaufzeichnungen im Internet nicht einverstanden sind.
Da einige Stadtverordnete mit der Veröffentlichung von Tonbandaufnahmen im Internet nicht einverstanden sind, ist eine entsprechende Veröffentlichung auf der städtischen Homepage nicht möglich.
Aufgrund der vielfachen negativen Äußerungen hat die Verwaltung auf eine Kostenermittlung verzichtet.
Rechtliche Grundlagen:
- Gemeindeordnung NRW
- Datenschutzgesetz NRW
- BGB
- Urheberrechtsgesetz
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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210,5 kB
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(wie Dokument)
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231,8 kB
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