Sitzungsvorlage - V/2021/323-E01
Grunddaten
- Betreff:
-
Einführung "Bürgerrat" hier: Antrag der UBL-Fraktion vom 30.05.2021
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Sitzungsvorlage
- Federführend:
- Amt 10 - Hauptamt und Steuern
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Rat der Stadt Herzogenrath
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Entscheidung
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14.12.2021
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Finanz. Auswirkung
Finanzielle Auswirkungen (einschl. Darstellung der Folgekosten – Sach- und Personalaufwendungen – sowie Folgeerträge):
1. Gesamtkosten
| Pflichtaufgabe |
x | Freiwillige Aufgabe |
Haushaltsmittel stehen zur Verfügung
| ja | x | nein |
| im Ergebnisplan bei Aufwandskonto |
| im Finanzplan bei Investitionsnummer |
Die Gesamtausgaben wurden noch nicht ermittelt. |
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2. Folgeerträge / Folgekosten [Euro]:
| 2021 | 2022 | 2023 | 2024 |
Sachkosten |
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Personalkosten |
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Finanzaufwand |
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Folgelasten gesamt: |
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Folgeerträge |
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Folgelasten saldiert: |
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Auswirkungen auf den Klimaschutz:
x | keine Auswirkungen |
| positive Auswirkungen |
| negative Auswirkungen |
Kurze Erläuterung (1-3 Sätze – Um welche Auswirkungen handelt es sich? Sind diese erheblich oder gering? Wenn die Auswirkungen negativ sind, bestehen alternative Handlungsmöglichkeiten?):
Sachverhalt
Sachverhalt:
Auf der Grundlage des Beschlusses des Stadtrates vom 29.06.2021 hat die Verwaltung Recherchen angestellt, um an Informationen hinsichtlich der Beweggründe zur Einführung eines Bürgerrates und des damit verbundenen Aufwandes zu gelangen.
Zunächst einmal basiert die Idee zur Einführung von Bürgerräten darauf, Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie zu fördern, um den Austausch von Meinungen und Argumenten unter den Bürgerinnen und Bürgern aber auch zwischen Bürger/-innen und Politiker/-innen zu fördern.
Weitere Argumente sind:
- Bürgerbeteiligung fördert die direkte Mitsprache der Bürger/-innen, insbesondere der unmittelbar Betroffenen.
- Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie können dem Einfluss von Lobbyismus entgegenwirken und der Kontrolle - gegebenenfalls auch als Korrektiv - der Politik dienen, indem sie als eine Art Lobby der Bürger/-innen fungieren.
- Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie verringern die Kluft zwischen Politik und Bürger/-innen.
- Bürgerbeteiligung schafft mehr Transparenz.
- Bei Bürgerbeteiligung wird über einzelne Sachfragen diskutiert und ggf. entschieden. Die Bürger/-innen sind an keine Partei oder ein Parteiprogramm gebunden.
- Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie wirken der Politikverdrossenheit entgegen.
- Bürgerbeteiligung fördert die direkte Mitsprache der Bürger/-innen, insbesondere der unmittelbar Betroffenen.
Auf der anderen Seite werden folgende Schwierigkeiten, die bei der Einführung eines Bürgerrates auftreten können, benannt:
- Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie behandeln komplexe Fragestellungen. Der Prozess an sich und die komplexen Themen können die Bürger/-innen überfordern.
- Solche Beteiligungsangebote zu nutzen, ist zeitaufwendig.
- Die Bürger/-innen wissen unterschiedlich viel und werden nicht mit Expertenwissen abstimmen oder Empfehlungen treffen können. Oft sind Informationen schwer zugänglich und durch Medien und Social Media verzerrt.
- Die Etablierung eines weiteren Gremiums bzw. Instanz kann eine Entscheidung verzögern.
- Die Politik setzt sich manchmal über die Ergebnisse von Bürgerbeteiligung hinweg.
- Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung ändern nicht die Zusammensetzung und die Entscheidungsbefugnisse und –pflichten des Stadtrats.
- Direkte Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung bedeuten zusätzliche Kosten zu den bestehenden repräsentativen Strukturen und Institutionen.
- Bürgerbeteiligung kann zu Ermüdungserscheinungen führen. Die Politik könnte sich auf Bürgerbeteiligung ausruhen. Ebenso könnte ein großes Angebot Desinteresse bei den Bürgern/-innen zur Folge haben.
Ein Bürgerrat besteht in der Regel aus einer Gruppe von 8-12 zufällig ausgelosten Mitgliedern. Ein Bürgerrat dauert zwei Tage: Am ersten Tag erarbeiten die Teilnehmer/-innen mithilfe der moderierenden Person das Thema, mit dem sich die Gruppe beschäftigen will. Am zweiten Tag – nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Nacht darüber schlafen konnten – werden die Gedanken und Ideen zum Thema ausgetauscht.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Einführung eines Bürgerrates mit erheblichem administrativen Aufwand verbunden ist und die Bereitstellung zusätzlicher Personalressourcen und finanzieller Mittel erforderlich macht.
Zunächst einmal muss ein Sekretariat für den Bürgerrat eingerichtet werden. Das Sekretariat hat folgende Aufgaben:
- Durchführung des Losverfahrens für die Zusammensetzung des Bürgerrates
- Sammlung von Themenvorschläge
- Koordinierung der Sitzungen sowie Schriftführung
- Beauftragung der Moderation des Bürgerrates
- Pflege der Datenbank mit den Experten/-innen, die für die Themen der Beratung zur Verfügung stehen
- Vermittlung der Experten/-innen
- Informationsaustausch zwischen Stadtrat und Bürgerrat über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen
Auch wenn die Einführung eines Bürgerrats sicherlich zunächst positiv wahrgenommen wird, ist festzuhalten, dass sich dieses Instrument in Deutschland grundsätzlich noch in einer Entwicklungsphase befindet. Auch wenn zurzeit noch nicht von negativen Erfahrungen mit der Einführung eines Bürgerrates berichtet wird, stellt sich vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation der Stadt Herzogenrath die Frage, ob eine stärkere Beteiligung der Bürger/-innen nicht durch andere Instrumente ebenfalls erreicht werden kann.
Bereits heute finden Bürgerversammlungen im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen und der Durchführung von Maßnahmen nach dem Kommunalabgabengesetz statt. Darüber hinaus bindet das Jugendamt die Bürger/innen beispielsweise bei der Gestaltung von Spielplätzen mit ein.
Auch die in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 23.11.2021 beschlossene Empfehlung zur Durchführung von Workshops für Bürger/-innen wird zu verstärkten Möglichkeiten der Mitsprache und Beteiligung führen. Da in diesen Workshops sowohl Bürger/-innen als auch Vertreter von Politik und Verwaltung zusammenkommen, werden der unmittelbare Austausch von Wissen und Ansichten gestärkt, Entscheidungen transparenter und Berührungsängste abgebaut. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept zur Durchführung der Workshops künftig auch die Möglichkeit sich über die neu geschaffenen Social Media Plattformen zu informieren und Anregungen sowie Kritik auf einfache und transparente Weise einzubringen.
Auch hat sich bei der Installation des Klimabeirats bereits gezeigt, dass oftmals die zufällig per Los ausgewählten Bürger/-innen kein Interesse an einem derartigen ehrenamtlichen Engagement in ihrer Freizeit haben.
Ebenfalls ist zu beachten, dass die Einführung eines Bürgerrats auch mit Risiken verbunden ist.
Zunächst einmal ist es faktisch so, dass der Stadtrat als Gremium der im Grundgesetz garantierten kommunalen Selbstverwaltung die politische Vertretung aller Gemeindebürger/-innen ist. Im Hinblick auf die historische Entwicklung ist somit eigentlich schon der Stadtrat als Rat der Bürger zu verstehen. Im § 41 Gemeindeordnung NRW ist darüber hinaus explizit geregelt, welche Entscheidungen der Stadtrat zwingend selber zu treffen hat und nicht delegieren kann.
Darüber hinaus sind die Mitglieder des Stadtrates aufgrund der gesetzlich normierten Freiheit von Amt und Mandat nicht an Entscheidungen beziehungsweise Empfehlungen des Bürgerrates gebunden. Insoweit besteht die Gefahr, dass durch die Einrichtung eines Bürgerrats eine Erwartungshaltung geweckt wird, welche später in der Praxis nicht erfüllt werden kann.
Von daher empfiehlt die Verwaltung, die bisher beschlossenen Maßnahmen zur stärkeren Beteiligung der Bürger/-innen konsequent weiterzuverfolgen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln.
Rechtliche Grundlagen:
§ 41 GO NRW
