Dringlichkeitsentscheidung - V/2022/184
Grunddaten
- Betreff:
-
Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen zum Burgfest 2022 in Herzogenrath-Mitte
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Dringlichkeitsentscheidung
- Federführend:
- Amt 32 - Ordnungsamt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Rat der Stadt Herzogenrath
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Genehmigung
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30.08.2022
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Beschlussvorschlag
aufgrund der Sitzungsfolge, der Veröffentlichungszeiträume und des Veranstaltungstermins die der Vorlage als Anlage 1 beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung (OBVO) über das Offenhalten von Verkaufsstellen zum Burgfest in Herzogenrath-Mitte am 12.06.2022 nebst Karte (Anlage 2).
Finanz. Auswirkung
Finanzielle Auswirkungen (einschl. Darstellung der Folgekosten – Sach- und Personalaufwendungen – sowie Folgeerträge):
./.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
X | keine Auswirkungen |
| positive Auswirkungen |
| negative Auswirkungen |
Kurze Erläuterung (1-3 Sätze – Um welche Auswirkungen handelt es sich? Sind diese erheblich oder gering? Wenn die Auswirkungen negativ sind, bestehen alternative Handlungsmöglichkeiten?):
Sachverhalt
Sachverhalt:
Die Möglichkeit der Zulassung von verkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen ist in § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW) vom 16.11.2006 in der Fassung vom 30.4.2013, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22.03.2018 (GV NRW S. 172) wie folgt neu geregelt:
Verkaufsstellen dürfen jährlich an höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen im öffentlichen Interesse ab 13:00 Uhr bis zur Dauer von 5 Stunden geöffnet sein.
Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung
- im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,
- dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots dient,
- dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient,
- der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder
- die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.
Das Vorliegen eines Zusammenhangs im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 wird vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Bei Werbemaßnahmen des Veranstalters müssen die jeweiligen Veranstaltungen gem. Satz 2 Nr. 1 für die Öffnung der Verkaufsstellen im Vordergrund stehen.
Die zuständige örtliche Ordnungsbehörde wird gem. § 6 Abs. 4 LÖG NRW ermächtigt, diese Tage durch Verordnung freizugeben. Die Freigabe kann sich auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. Innerhalb einer Gemeinde dürfen insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage je Kalenderjahr freigegeben werden.
Erfolgt eine Freigabe nach Abs. 1 für das gesamte Gemeindegebiet, darf dabei nur ein Adventssonntag freigegeben werden. Erfolgt die Freigabe nach Abs. 1 beschränkt auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige, darf nur ein Adventssonntag je Bezirk, Ortsteil und Handelszweig freigegeben werden, insgesamt dürfen jedoch nicht mehr als zwei Adventssonntage je Gemeinde freigegeben werden. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen.
Vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der Tage sind die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören.
Von der Freigabe ausgenommen sind gem. § 6 Abs. 5 LÖG NRW die stillen Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes NW, Ostersonntag, Pfingstsonntag, der erste und zweite Weihnachtstag, der 1. Mai, der 3. Oktober und der 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt.
Gesetzesänderungen
Bislang sah das Ladenöffnungsgesetz vor, dass Verkaufsstellen an jährlich höchstens 4 Sonn- und Feiertagen geöffnet sein durften. Die maximale Zahl verkaufsoffener Sonntage pro Verkaufsstelle ist von 4 auf 8 erhöht worden.
Deutlich ausgeweitet wurde das öffentliche Interesse, das Grund für eine Öffnung der Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen sein kann. Während Sonntagsöffnungen zuvor nur „aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, etc.“ möglich waren, beinhaltet das Gesetz nun letztlich keine Einschränkungen des öffentlichen Interesses mehr. So werden in § 6 Abs. 1 S. 2 LÖG NRW insgesamt fünf Regelbeispiele angegeben.
Soweit die Öffnung auf einer Veranstaltung beruht, genügt es laut der Vorgaben des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW schon, wenn ein „Zusammenhang“ zur Veranstaltung besteht (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LÖG NRW). Ein öffentliches Interesse kann aber auch dann vorliegen, wenn die Öffnung dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots (Nr. 2), dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche (Nr. 3) oder der Belegung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient (Nr.4) oder die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort (Nr.5).
Es ist erklärtes Ziel des Gesetzgebers gewesen, die Zulassung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage deutlich zu erleichtern. Sofern die Öffnung in einem Zusammenhang mit einer Veranstaltung (Markt, Fest, etc.) steht, soll die Streichung des Anlassbezuges die Notwendigkeit entfallen, eine Prognose der Besucherströme durchzuführen. Darüber hinaus stellt der Gesetzgeber ganz bewusst auf das strukturpolitische Ziel der Stärkung des Einzelhandels ab, um die Gefahr einer drohenden Verödung der Innenstädte entgegenzuwirken. Dass der verfassungsrechtlich verankerte Schutz der Sonntagsruhe insoweit zurücktritt, wird bewusst in Kauf genommen.
Gerichtsentscheidungen
Bereits am 27.04.2018 hat das OVG NRW zum neuen LÖG NRW entschieden, dass die Geschäfte in Kreuztal am Sonntag, 29.04.2018, nicht öffnen dürfen. Die Ladenöffnung sei offensichtlich nicht im öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Die Stadt Kreuztal hatte die Ladenöffnung auf Grundlage des Ende März 2018 in Kraft getretenen neuen LÖG im ganzen Stadtgebiet freigegeben und dies mit einer Steigerung der überörtlichen Sichtbarkeit der Stadt als attraktiven und lebenswerten Standort begründet. Auf einen Zusammenhang mit dem am Sonntag in der Innenstadt geplanten Burgfest ist die Verordnung ausdrücklich nicht eigenständig gestützt.
Das OVG NRW hat ausgeführt, es seien nicht ansatzweise öffentliche Belange mit Ausnahmecharakter und hinreichendem Gewicht aufgezeigt, die eine Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet rechtfertigen könnten. Mit Blick auf das stattfindende Frühlingsfest hätten besondere Gründe allenfalls im Bereich der Innenstadt vorgelegen.
In seinem Beschluss vom 02.11.2018 geht das Oberverwaltungsgericht noch einen Schritt weiter. In der Begründung hat der 4. Senat Grundsätzliches zu der durch das „Entfesselungspaket I“ in Nordrhein-Westfalen eingeführten Neuregelung über verkaufsoffene Sonntage ausgeführt und die Voraussetzungen, unter denen die Sonn- und Feiertagsöffnung zulässig ist, näher präzisiert. Mit dem Gesetz sollte der stationäre Einzelhandel durch erweiterte Möglichkeiten zur Freigabe sonntäglicher Ladenöffnungen im zunehmenden Wettbewerb insbesondere mit dem Online-Handel sowie mit Konkurrenz aus dem benachbarten Ausland gestärkt werden. Neben der schon bisher gegebenen Möglichkeit, an Sonn- und Feiertagen bei örtlichen Veranstaltungen auch Ladenöffnungen zu gestatten, erlaubt die Neuregelung deshalb unter anderem Öffnungen, die „dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots“ oder „zentraler Versorgungsbereiche dienen“, die „der Belebung der Ortszentren dienen“ oder die „die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune steigern“. Zugleich ist die Zahl zulässiger verkaufsoffener Sonntage auf höchstens acht und innerhalb jeder Gemeinde insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage erhöht worden.
Das Oberverwaltungsgericht hat nach ausführlicher Würdigung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes in Fortführung seiner Rechtsprechung klargestellt, dass das durch das Grundgesetz gewährleistete Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes nur gewahrt werde, wenn die jetzt sehr weit gefassten gesetzlichen Voraussetzungen für Ladenöffnungsfreigaben an Sonn- und Feiertagen einschränkend ausgelegt würden. Das stets zu wahrende Regel-Ausnahme-Verhältnis beim Sonn- und Feiertagsschutz werde nicht schon eingehalten, wenn einer der gesetzlich bezeichneten Sachgründe in allgemeiner Weise gegeben sei, weil dies – auch nach Einschätzung des Gesetzgebers – „regelmäßig“ der Fall sei. Zusätzlich habe jede Gemeinde im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu begründen, ob die für die Ladenöffnung angeführten Gründe ausreichend gewichtig seien, um eine Ausnahme von der Arbeitsruhe am Sonntag zu rechtfertigen. Dies sei auch aus Gründen der Wettbewerbsneutralität unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Ausgehend davon hat der Senat die besonderen sachlichen Voraussetzungen, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Sonntagsarbeit wahren können, anhand der gesetzlichen Voraussetzungen präzisiert. Bei örtlichen Veranstaltungen gelte weiterhin, dass diese gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen müssten, auch wenn nicht notwendig eine Besucherprognose anzustellen sei. Deshalb müsse sich die Gemeinde in einer für die gerichtliche Überprüfung nachvollziehbaren – dokumentierten – Weise Klarheit über Charakter, Größe und Zuschnitt der Veranstaltung verschaffen.
Das Bestreben des Gesetzgebers, einen vielfältigen stationären Einzelhandel angesichts eines sich verschärfenden Wettbewerbs zu sichern und zu stärken, reiche ebenso wenig wie das generelle Konkurrenzverhältnis zum Online-Handel in seiner Allgemeinheit aus, weil diese in grundsätzlich gleicher Weise ganzjährig für den Einzelhandel einer jeden Kommune bestünden. Damit das Interesse an einem vielfältigen Einzelhandel wenigstens in Kombination mit anderen Sachgründen das erforderliche Gewicht für eine Durchbrechung des Sonn- und Feiertagsschutzes erlangen könne, müssten besondere örtliche Problemlagen (z. B. regional begrenzte Fehlentwicklungen oder standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen) belegbar gegeben sein, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könnten. Hierzu bedürfe es zudem eines schlüssig verfolgten gemeindlichen Gesamtkonzepts, im Rahmen dessen verkaufsoffene Sonntage geeignet erschienen, den damit verfolgten legitimen Zielen jenseits des Umsatzinteresses des Handels zu dienen.
Die Freigabe der Ladenöffnung zweier großer Möbelmärkte mit großer überörtlicher Kaufkraftbindung war danach weder wegen des dort stattfindenden kleinen Martinsmarkts zulässig, noch wegen der Absicht, den örtlichen Möbelstandort zu stärken und überörtlich sichtbar zu machen. Es bestünden keine Zweifel, dass der Martinsmarkt gerade deshalb im Gewerbegebiet durchgeführt werde, um eine sonntägliche Öffnung zweier Möbelmärkte zu ermöglichen. Auch Anzeichen für örtliche Fehlentwicklungen oder ausgleichsbedürftige besondere Standortnachteile seien angesichts des von einem Markt erst vor wenigen Jahren gewählten strategisch günstigen Standorts im Großraum Köln/Bonn nicht ersichtlich.
Es müssen besondere örtliche Problemlagen belegbar gegeben sein, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen können.
Eine Ausweitung der Verkaufsflächen, z.B. bis zum Media-Markt in Straß oder zum OBI-Markt in Merkstein kommt somit nicht in Betracht.
Umsetzung unter Einhaltung der neuen rechtlichen Vorgaben für Herzogenrath
Mit dem als Anlage 3 beigefügten Schreiben vom 14.01.2022 beantragt der Gewerbeverein Herzogenrath für das Burgfest in Herzogenrath-Mitte die Genehmigung eines verkaufsoffenen Sonntages am 12.06.2022.
Die Verwaltung ist nach Prüfung des Antrages und der Stellungnahmen zu dem Entschluss gekommen, dass die Veranstaltung die neuen Voraussetzungen erfüllen. Das Fest mit der beabsichtigten Sonntagsöffnung steht in einem engen räumlichen Bezug zu den Veranstaltungen. Die Gebiete, in denen die Geschäfte anlässlich des Burgfestes geöffnet haben dürfen, wurden abgegrenzt und die Freigabe auf die umliegenden Straßen zum Veranstaltungsgelände eingegrenzt (Anlage 2 Karte).
§ 6 Abs. 4 letzter Satz LÖG NRW schreibt vor, dass vor Erlass der Rechtsverordnung zur Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, Kirchen, die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören sind. Dieser Vorgabe ist die Verwaltung mit Schreiben/Mail vom 23.05.2022 nachgekommen.
Es haben die IHK, die HWK, die VuV, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die kath. Kirchengemeinde Herzogenrath per Mail geantwortet und mitgeteilt, dass gegen die Freigabe keine Bedenken bestehen. Die Ev. Kirchengemeinde hat bisher keine Stellung bezogen.
Ergebnis:
Aufgrund dieser Bewertung schlägt die Verwaltung vor, dass der Stadtrat die ordnungsbehördliche Verordnung über besondere Öffnungszeiten zum Burgfest in Herzogenrath-Mitte am 12.06.2022 in der vorliegenden Form beschließt.
Rechtliche Grundlagen:
§ 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW)
Anlagen
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(wie Dokument)
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