Sitzungsvorlage - V/2010/191
Grunddaten
- Betreff:
-
Das Jugendschutzgesetz ist kein Bagatellgesetz; hier: Antrag der SPD-Fraktion vom 09.03.2010
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Sitzungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich 2.1 Jugend
- Beteiligt:
- Fachbereich 1: b) Ordnungswesen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Entscheidung
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18.05.2010
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Sachverhalt
Sachverhalt:
Kinder- und Jugendschutz ist ein Thema, das alle angeht. Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung dieses Themas erkennt man schon daran, dass dem Kinder- und Jugendschutz ein aus den Grundrechten abgeleiteter verfassungsrechtlicher Rang zukommt: Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird er aus Artikel 6 und Artikel 2 abgeleitet - außerdem wird der Jugendschutz in Artikel 5 erwähnt. Die Sorge darum, dass Kinder und Jugendliche sich als nachfolgende Generation optimal entwickeln können, beschäftigt die Menschen stark, und bei Problemen entsteht ein lebhaftes Medienecho. So ist auch die beschleunigte Neufassung des Jugendschutzgesetzes in diesen Zusammenhang zu stellen: Nach dem Amoklauf eines Schülers in Erfurt wurde kurzfristig das dann zum 1.4.2003 in Kraft getretene neue Jugendschutzgesetz beschlossen. Trotz des öffentlichen Interesses besteht jedoch im Detail oft Unkenntnis der konkreten Maßnahmemöglichkeiten oder Unverständnis dafür.
Der Begriff des Kinder- und Jugendschutzes umfasst die gesellschaftlichen Reaktionen darauf, dass unsere Lebensumwelt Gefährdungen mit sich bringt und diese für Kinder und Jugendliche teilweise anders als für Erwachsene bestehen. Im einzelnen geht es darum
- Gefährdungen möglichst nicht entstehen zu lassen (struktureller Jugendschutz),
- über Gefährdungen aufzuklären und zur Bewältigung anzuleiten (erzieherischer Jugendschutz),
- den Umgang mit Gefährdungen zu regeln (gesetzlicher Jugendschutz).
Struktureller Kinder- und Jugendschutz
Dem strukturellen Kinder- und Jugendschutz gelingt es derzeit noch nicht oft genug, die Belange von Kindern und Jugendlichen frühzeitig bei Planungen vertreten zu dürfen. Sicher ist für alle Planungen wie z.B. im Verkehrsbereich oder für technische Anlagen eine Gefährdungsprüfung vorgesehen. Dass Kinder Belastungen oft anders ausgesetzt sind oder mit schwierigen Anforderungen anders umgehen als Erwachsene, wird dabei leider manchmal vergessen. In Zukunft gilt es, die Belange von Kindern und Jugendlichen noch deutlicher zu vertreten.
Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
Nicht alle Gefahren können ausgeschlossen werden. Manche wären zwar vielleicht vermeidbar, aber es besteht ein gesellschaftlicher Konsens darüber, diese Gefahren für Erwachsene zuzulassen (z.B. die sogenannten Genussmittel, die zu Suchtmitteln werden können, oder bestimmte Medieninhalte). Deshalb sind in derartigen Fällen Kinder und Jugendliche, Eltern, Erwachsene insgesamt und die Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen über die Gefährdungssituationen und ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche aufzuklären und zu einem verantwortlichen Umgang anzuleiten. Dies gehört zur Aufgabe des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes, der in § 14 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vorgesehen ist. Er wird aber von den Jugendämtern regional sehr unterschiedlich umgesetzt. Dennoch gibt es eine Fülle von Informationsmaterialien zu einzelnen Themengebieten und es lohnt sich meist, sich hier kundig zu machen. Materialangebote finden sich z.B. in der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) NRW, sowie bundesweit bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Aktion Jugendschutz.
Diese Form des Kinder- und Jugendschutzes findet nicht auf der Ebene von Verbotsregelungen statt. Vielmehr stellt sich der erzieherische Kinder- und Jugendschutz das Ziel, junge Menschen zu befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen zu führen. Er soll auch die Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen (vgl. § 14 SGB VIII). Diese Form des Kinder- und Jugendschutzes ist also in erster Linie auf pädagogisches Wirken hin ausgerichtet.
Zur Entwicklung von Handlungskonzepten zum erzieherischen Kinder- und Jugendschutz ist die bereits erwähnte Landesstelle eingerichtet worden, die ihre Tätigkeit zum 1. Januar 2006 aufgenommen hat. Sie koordiniert insbesondere den erzieherischen Kinder- und Jugendschutz auf Landesebene und entwickelt Anregungen für den Umgang mit Risiken und Gefährdungen. Angesiedelt ist sie bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS NRW) in Köln. Sie ist ein landesweit tätiger freier Träger der Jugendhilfe, der die Informationstätigkeit zum Kinder- und Jugendschutz zur Aufgabe hat.
Die Aufgabenstellung des erzieherischen Jugendschutzes wird durch das Jugendamt der Stadt Herzogenrath durchgeführt. Hierbei arbeitet das Jugendamt mit anderen in der Prävention tätigen Fachstellen und Diensten zusammen (KK 44 – Polizeiprävention und Opferschutz, Fachstellen für Suchtprävention, u.a.m.). Zudem werden die MitarbeiterInnen des Teams Jugendarbeit kontinuierlich geschult und fortgebildet (z.B. Move – Motivierende Kurz Intervention).
Es werden die aktuellsten Printmedien zu den verschiedenen Themen des Jugendschutzes in den Einrichtungen der Jugendarbeit und dem Jugendamt vorgehalten und gezielt an Jugendliche und Eltern weitergegeben. Auch suchen Mitarbeiter der Jugendarbeit gezielt jugendgefährdende Einrichtungen (Spielhallen) auf, um die Betreiber zu sensibilisieren.
Grundsätzlich sind Aspekte des Jugendschutzes wesentlicher Bestandteil vieler Angebote der Jugendarbeit. Hier sind im Besonderen die verschiedenen Sportangebote z. B. Nachtaktiv, Poolparty, zu nennen als auch die Regelangebote der offenen Angebote der Einrichtungen. Alle präventiven Angebote dienen dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz.
Die Jugendpflegerin hat bei einem übergreifenden Runden Tisch zwischen der Jugendpflege, der Polizei und dem Ordnungsamt die Idee vorgestellt, ein eigenes Karnevalszelt der Jugendarbeit in 2011 zu etablieren. Die Planungen hierzu laufen beim Team Jugendarbeit. Die verbandliche Jugendarbeit und andere freie Träger der offenen Jugendarbeit konnten schon jetzt für dieses Vorhaben gewonnen werden.
Im Jahr 2011 ist eine große Suchtpräventionswoche in Herzogenrath geplant. Diese wird von der Fachstelle für Suchtprävention der StädteRegion mitgestaltet.
Gesetzlicher Jugendschutz
Für den Umgang mit Gefährdungen hat der Gesetzgeber Regeln aufgestellt. Diese verteilen sich auf eine ganze Reihe unterschiedlicher Gesetze. Zu nennen sind insbesondere
- das Strafgesetzbuch (StGB, Sonderregeln für Straftaten mit Kindern als Opfer),
- das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) (staatliche Sorge für das Wohl des Kindes, gewaltfreie Erziehung, Haftungsregeln für Minderjährige),
- das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG),
- das Jugendschutzgesetz (JuSchG) und
- der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).
Die Regelungen wenden sich in erster Linie an Erwachsene in ihrer Funktion als Gewerbetreibende, Anbieter, Konsumenten oder Erzieher.
Der gesetzliche Kinder- und Jugendschutz regelt im Wesentlichen, was jugendbeeinträchtigend, jugendgefährdend und schwer jugendgefährdend ist. Gegen Verstöße werden Straf- und Bußgeldvorschriften formuliert. Der gesetzliche Kinder- und Jugendschutz schützt somit Kinder und Jugendliche vor Gefahren, Beeinträchtigungen und Schäden..
Der im Jugendschutzgesetz geregelte gesetzliche Jugendschutz fällt in das Aufgabenspektrum der örtlichen Ordnungsbehörde.
In den letzten acht Jahren hat der Bürger- und Präsenzdienst des Ordnungsamtes (B. u. P.) die Aufgaben des gesetzlichen Jugendschutzes der örtlichen Kontrolle wahrgenommen. Insoweit wurde die Polizei deutlich entlastet. Die Aufgabenwahrnehmung umfasst aber auch Informations- und Präventionsarbeit hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzes durch die Verkaufsstellen von Tabak und Alkoholika.
In der Praxis wird das gemeinsam mit dem Jugendamt entwickelte Projekt „Keine Kurzen für die Kurzen“ durchgeführt. Dies beinhaltet
- das rechtzeitig vor Beginn des Karnevals beginnende Aufsuchen aller Verkaufsstellen, die Alkohol oder Zigaretten vertreiben, durch den B. u. P.
- das Durchführen eines persönlichen Gespräches mit dem jeweiligen Geschäftsführer zur Aufklärung und Prävention
- das Hinterlassen von Informationsmaterial zum Jugendschutz.
Hinsichtlich der Überwachung des Konsumverhaltens ist der Fettdonnerstag Schwerpunkttag.
Hier ist festzustellen, dass nach Angaben des Bürger- und Präsenzdienstes die Anzahl der angetroffenen, alkoholisierten Jugendlichen auf öffentlichen Plätzen sowie Spielplätzen, in den letzten fünf Jahren gesunken ist.
Hinsichtlich der Ordnungswidrigkeiten im Jugendschutz ist festzustellen: Es gab Karneval 2010 keine Anzeige einer Ordnungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen das Jugendschutzgesetz in Herzogenrath, weder durch den Bürger- und Präsenzdienst noch durch Bürger oder Gewerbetreibende. Auch die Zeltbetreiber waren im Rahmen des Immissionsschutzes im ständigen Austausch mit der Ordnungsbehörde, wobei immer wieder auch der Jugendschutz thematisiert wurde.
Insoweit ist nach Kenntnis der Verwaltung eine positive Tendenz gegeben, wenn auch zu vermuten ist, dass das kalte Wetter an Karneval 2010 viele Jugendliche davon abhielt, sich in der Öffentlichkeit längerfristig aufzuhalten.
Unabhängig hiervon ist aus ordnungsbehördlicher Sicht jede Präventionsarbeit durch Drogen- und Suchtberatungsstellen im Rahmen des erzieherischen Jugendschutzes zur Festigung der Tendenz zu begrüßen.
Rechtliche Grundlagen:
Der erzieherische Kinder- und Jugendschutzes: In § 14 des VIII Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) wird gefordert, dass jungen Menschen und Erziehungsberechtigten Angebote des erzieherischen Kinder – und Jugendschutzes gemacht werden sollen. Die Maßnahmen sollen die jungen Menschen dazu befähigen, sich selbst vor gefährlichen Einflüssen zu schützen sowie Eltern und andere Erziehungsberechtigte dazu besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährlichen Einflüssen zu schützen.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird Kinder – und Jugendschutz aus Artikel 6 und Artikel 2 abgeleitet - außerdem wird der Jugendschutz in Artikel 5 erwähnt.
Verordnung des Innenministers NRW
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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223,9 kB
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