Sitzungsvorlage - V/2011/028
Grunddaten
- Betreff:
-
Ausweisung des Hochwasserrückhaltebeckens Broichbachtal als befriedeter Bezirk - Antrag der SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE vom 17.01.2011
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Sitzungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich 1 Bürgerdienste
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Umwelt- und Planungsausschuss
|
Entscheidung
|
|
|
27.01.2011
|
Sachverhalt
Sachverhalt:
Mit Schriftsatz vom 16.10.2010 wendet sich der Naturschutzbund Deutschland e.V., Kreisverband Aachen-Land, mit der Bitte an den Bürgermeister der Stadt Herzogenrath die Jagdausübung im Naherholungsgebiet Broichbachtal zu verbieten. Insoweit wird angeknüpft an den Vorantrag vom 01.11.2008, in dem sich der Naturschutzbund Deutschland e.V., Kreisverband Aachen-Land, mit der Bitte an den Vorsitzenden des Umwelt- und Planungsausschusses wandte, die Jagdausübung im Naherholungsgebiet Broichbachtal zu verbieten.
In der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses vom 09.12.2008 war die Verwaltung bereits beauftragt worden, mit dem damaligen Kreis Aachen -Untere Jagdbehörde- Kontakt aufzunehmen und zu einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses zur weiteren Erörterung einzuladen. Seinerzeit hat die Stadtverwaltung Herzogenrath den vorliegenden Antrag des Naturschutzbundes dem Landrat des Kreises Aachen, als zuständige Untere Jagdbehörde, zur weiteren rechtlichen Bewertung vorgelegt. Der Landrat wies in seiner Stellungnahme vom 05.02.2009 aus seiner Sicht auf zwei wesentliche Betrachtungsweisen bzw. Bewertungen
a) die formal-rechtliche
b) die lebenspraktische aus Sicht der örtlichen Gemeinschaft
hin, die nachstehend inhaltlich wiedergegeben wird:
- Aus formal-rechtlicher Sicht steht das Jagdrecht in gemeinschaftlichen Jagdbezirken dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu. Es ist ein dingliches Recht und in unserer Rechtskultur historisch gewachsen. Die Grundeigentümer verpachten das mit dem Grundstück verbundene Recht – das durch Artikel 14 des Grundgesetzes geschützt ist – an Jagdgenossenschaften.
Reglementiert wird das Jagdrecht für den Ausübungsberechtigten durch das Bundes- und Landesjagdgesetz NRW. Danach darf die Jagd in Deutschland nur von geprüften Jägern, die im Besitze eines gültigen Jagdscheines sind, ausgeübt werden. Die Jagd ist dort untersagt, wo Gefährdungen vermutet werden (befriedete Bezirke).
Eine Einschränkung der Jagd wegen anderer Gründe (Artenschutz etc.) sieht die ehemalige LÖBF (Herr Dr. Conrads, Vogelschutzwarte des LÖBF) nicht, weil das Gebiet keine Besonderheiten in Bezug auf vergleichbare Gebiete hinsichtlich Biotopstruktur und Artenspektrum aufweist.
Insoweit findet die Jagd legal statt.
Bereits in 2007 forderte der NABU vom Ministerpräsidenten des Landes NRW ein Jagdverbot für das Gebiet Broichbachtal. Hierfür hat der Landrat nach wiederholter Prüfung keinen Rechtsgrund gesehen. Mit den Jagdausübungsberechtigten wurden jedoch Gespräche geführt, die letztlich dazu geführt haben, dass die Jagdpächter freiwillig einer zeitlichen Begrenzung der Jagdausübung zugestimmt haben.
Die Jagd wird demnach nicht mehr zwischen 9.00 und 16.00 Uhr ausgeübt, und findet maximal ein- bis zweimal pro Jahr statt.
Die Mitarbeiter des Bürger- und Präsenzdienstes der Stadt Herzogenrath haben seither mehrfache Kontrollen während der Jagdausübung durchgeführt. Es ist zu keinen Beanstandungen aus ordnungsrechtlicher oder polizeilicher Sicht gekommen.
Lebenspraktisch ist aber nach den Worten des Landrats festzustellen, dass die Jagsausübung im städtischen Ballungsraum zunehmend schwieriger ist. Dies hängt mit der wesentlich stärkeren Nutzung unserer Erholungslandschaft zusammen.
So zeigt gerade die starke Besiedlung und Nutzung der Landschaft aber auch, wie notwendig die Jagd ist. So wurde dies an einem Beispiel deutlich, in dem Füchse plötzlich mitten im dörflichen Bereich lebten. Weil die Wildtiere die Hausgärten und Kinderspielplätze „eroberten“, wurde durch die Bewohner und Eltern nach mehr Jagd gerufen. In einer Kulturlandschaft muss der Mensch also regelnd in den Bestand eingreifen. Die Jagd hat also seit jeher besondere Bedeutung für die Erhaltung des Wildes und seiner Umwelt, denn das ausgewogene Vorkommen aller Tierarten ist Voraussetzung für eine funktionsfähige Kulturlandschaft.
Nach Einschätzung des Landrats liegt das aus den Akten ersichtliche Problem weder im rechtlichen noch im behördlich regelbaren Bereich. Nach Auffassung des Landrats muss im Interesse der örtlichen Gemeinschaft versucht werden eine gerechte Lösung zwischen den Beteiligten herbeizuführen.
Der Landrat schlägt vor, dass es auch in schwierigen Fällen hilfreich ist, miteinander zu sprechen und dabei Fakten von bloßen Behauptungen zu trennen. Alles andere trägt lediglich nur zu einer Verhärtung der „Fronten“ bei. Wobei eine Lösung im Interesse aller nur erreichbar ist, wenn bei den Beteiligten der Wille zum Gespräch und zur Einigung auch gegeben ist.
Abschließend machte der Landrat deutlich, dass nur dann Veranlassung bestünde, den Vorgang erneut aufzugreifen, wenn neue Argumente oder Fakten dargestellt würden. -
Mit dem wiederholten Antrag des NABU e.V. auf ein Jagdverbot wurde durch den FB 1 die aktuelle Datenlage unter Berücksichtigung des Naturschutzes und der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erneut geprüft.
Infolge dessen wurde durch die Ordnungsbehörde eine Anfrage an den Rechtsnachfolger der LÖBF, das LANUV, gestellt, ob sich naturschutzrechtlich bis 2010 neue Erkenntnisse ergeben haben, die eine neue Bewertung der Schutzbedürftigkeit des Regenrückhaltebeckens zulassen. Nur dann bestände ja nach der zuletzt durch die jetzige Städteregion geäußerten Auffassung Veranlassung den Vorgang erneut aufzugreifen.
Hierauf teilte der zuständige Ornitholge Herr Michael Joebges, Fachbereich 24 - Artenschutz / Vogelschutzwarte – des LANUV mit, dass seit der gutachterlichen Stellungnahme von Herrn Dr. Conrad vom 22.05.2005 keine aktuellen Bestandszahlen hinsichtlich Brutvögel bzw. Durchzügler vorliegen, die eine modifizierte Bewertung der Schutzwürdigkeit des Regenrückhaltebeckens erlauben.
Hinsichtlich möglicher Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kann durch die Ordnungsbehörde auf die Erfahrungen der begleiteten Jagden seit 2005 zurückgegriffen werden, bei denen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufgetreten sind.
Der aktuelle Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90 die Grünen und DIE LINKE vom 17.01.2011, dass die Verwaltung die notwendigen Schritte dafür in die Wege leitet, dass der Bereich des Hochwasserrückhaltebeckens Broichbachtal in Herzogenrath-Mitte als befriedeter Bezirk erklärt wird, greift daher die bereits bekannten Problematiken erneut auf.
Rechtliche Würdigung:
Formelle Seite:
Zunächst ist festzustellen, dass die Begriffe Jagdverbot und befriedeter Bezirk nicht deckungsgleich sind. In z.B. einem Naturschutzgebiet, in dem durch den Landschaftsplan das Verbot der Jagd beschlossen wurde, ist jede Jagd verboten. In einem befriedeten Bezirk ruht die Jagd und kann auf Antrag des Grundstückseigentümers oder des Nutzungsberechtigten durch die Untere Jagdbehörde in beschränktem Maße erlaubt werden.
Weiter ist zu klären, wer antragsberechtigt im Rechtssinne ist und wer über eine Anregung lediglich ein Amtsermittlungsverfahren der zuständigen Unteren Jagdbehörde, Städteregion Aachen herbeiführen kann.
Antragsberechtigt ist der Grundstückseigentümer, die Jagdgenossenschaft und bei Eigenjagdbezirken der Eigenjagdbesitzer. Vorliegend handelt es sich um einen Gemeinschaftsjagdbezirk.
Die Wasserfläche, die Wege und der Uferbereich sind Eigentum des Wasserverbandes Eifel-Rur, der anschließende Bereich steht im Eigentum der Stadt Herzogenrath.
Antragsberechtigt ist demnach der Wasserverband Eifel-Rur als Eigentümer der Wasserfläche, des Uferbereiches und der Wege unmittelbar an der Wasserfläche und die Stadt Herzogenrath als Eigentümer des anschließenden Bereiches, oder die Jagdgenossenschaft Herzogenrath-Mitte.
Für den Gesamtbereich kann durch die Stadt Herzogenrath also nur eine Anregung auf Befriedeterklärung an die Untere Jagdbehörde ergehen.
Die notwendigen Schritte seitens der Verwaltung wären demnach, eine Anregung an die Untere Jagdbehörde der Städteregion zu formulieren den Bereich des Regenrückhaltebecken zum befriedeten Bezirk zu erklären oder den genannten anderen Antragsberechtigten, Wasserverband Eifel-Rur oder der Jagdgenossenschaft Herzogenrath-Mitte andererseits, nahe zu legen, einen eigenen Antrag an die Untere Jagdbehörde zu stellen.
Materielle Seite:
Nach den mit den Jagdausübungsberechtigten geführten Gesprächen wurde, wie bereits dargestellt, eine freiwillige zeitliche Begrenzung der Jagdausübung vereinbart. Die Jagd wird seither nicht mehr zwischen 9.00 und 16.00 Uhr ausgeübt und findet maximal ein- bis zweimal pro Jahr statt, 2009 und 2010 nur einmal pro Jahr. Diese Jagden wurden um 9.00 beendet. Nach den Wahrnehmungen des städtischen Außendienstes, der die angemeldeten Jagden ordnungsrechtlich begleitete, gab es keine Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Jagdausübungen.
Jagdrechtliche Fragen werden derzeit durch die zuständige Untere Jagdbehörde bearbeitet.
Folge der Befriedung ist, dass der Eigentümer derartiger Grundstücke der Jagdgenossenschaft nicht angehört. Er nimmt deshalb einerseits an der Verteilung des Reinertrags aus der Jagdnutzung nicht teil, weil diese auf den Kreis der Jagdgenossen beschränkt ist; andererseits ist er aber auch nicht verpflichtet, zu dem aus der Genossenschaftskasse geleisteten Wildschadensersatz beizutragen.
Im befriedeten Bezirk ruht nach § 6 Satz 1 BJagdG die Jagd; es besteht im Allgemeinen nur die Möglichkeit, das Wild von dem Grundstück abzuhalten oder es zu verscheuchen, wobei zu solchen Maßnahmen faktisch nur die jeweiligen Eigentümer und Besitzer der betroffenen Grundstücke in der Lage sind. Darüber hinaus ist diesem Personenkreis – sogar ohne Jagdschein – aufgrund landesrechtlicher Vorschriften, § 4 LJG NW, eine (etwa auf bestimmte Tierarten wie Fuchs, Marder oder Wildkaninchen) beschränkte Jagdausübung auf Antrag durch die Untere Jagdbehörde gestattet.
Demnach kann die untere Jagdbehörde auch nach einer Erklärung der öffentlichen Anlage zum befriedeten Bezirk Grundstückseigentümern und Nutzungsberechtigten, sowie deren Beauftragten, eine beschränkte Ausübung der Jagd allgemein oder im Einzelfall gestatten, § 4 LJG NW. Voraussetzungen hierfür sind Wildschäden oder jagdliche Erfordernisse. Es ist Tatsache, dass in der Vergangenheit durch die Jägerschaft solche jagdlichen Erfordernisse, zum Beispiel die Nil-, Kanadagans- und Kormoranpopulation einzugrenzen, bereits geltend gemacht wurden.
Unter Berücksichtigung dieser Situation ist also sehr fraglich, ob es nach einer Befriedeterklärung der Anlage nicht doch wieder Ausnahmegenehmigungen gibt und unter Sicherheitsaspekten sich eine wesentlich andere Lage als die Derzeitige ergibt.
Rechtliche Grundlagen:
- Bundesjagdgesetz
- Landesjagdgesetz
- OBG
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
868,6 kB
|
